Die meistgestellten Fragen zum Metaverse in 2022 – was uns mit dem Metaversum in Zukunft erwartet

technologie 23. Aug. 2022

Der Begriff „Metaverse“ oder deutsch „Metaversum“ bekommt seit einigen Jahren immer mehr mediale Aufmerksamkeit.

Besonders seit Facebooks Rebranding zu Meta und Mark Zuckerbergs Bekanntgabe seiner Ambitionen in diesem Bereich ist das Metaverse ein relevantes Stichwort für viele Unternehmen und Konsumenten geworden. Das vor knapp einem Monat erschienene Buch „The Metaverse – And How It Will Revolutionize Everything“ von Matthew Ball gilt schon jetzt als das Werk über dieses Phänomen.

Doch was genau ist das Metaverse und wie funktioniert es? Wir haben die häufigsten Fragen zusammengestellt und sie beantwortet.

1. Was ist das Metaverse? – Definition Metaversum

Der Begriff Metaverse setzt sich aus dem griechischen „meta“ und dem englischen „universe“ zusammen. Meta bedeutet zu Deutsch etwa „über“ – das Metaverse beschreibt also ein Über-Universum.

Und was ist das Metaverse jetzt genau? Eine konkrete Definition gibt es zu diesem Zeitpunkt nicht. Das Metaverse ist im Kern immer noch eine Theorie, und jeder der großen Player der Tech-Branche definiert sie je nach Unternehmensausrichtung anders. Dass das Metaverse der Nachfolger beziehungsweise die Weiterentwicklung des Internets sein wird, ist klar, aber wie das konkret aussieht, kann noch niemand genau sagen.

Visionär Matthew Ball hat sich in seinem Buch trotzdem an einer Definition versucht:

Das Metaverse beschreibt “a massively scaled and interoperable network of real-time rendered 3D virtual worlds that can be experienced synchronously and persistently by an effectively unlimited number of users with an individual sense of presence, and with continuity of data, such as identity, history, entitlements, objects, communications, and payments.” aus Matthew Ball: The Metaverse - And How It Will Revolutionize Everything, Juli 2022, S.29.

Diese Definition möchten wir im Folgenden genauer unter die Lupe nehmen.

Das Metaverse nach Matthew Ball

So sieht das Metaverse nach Matthew Balls Vorstellungen aus
So sieht das Metaverse nach Matthew Balls Vorstellungen aus

"Massively Scaled"

Das Internet wäre nicht das Internet, wenn es nicht schier unendlich viele Websites und Milliarden von Usern hätte. Genau so eine massive Bandbreite muss auch das Metaverse haben, um Metaverse genannt zu werden. Fällt Ihnen auf, dass wir hier von einem bestimmten Metaverse sprechen, genau wie wir „das Internet“ sagen? Laut Ball wird es immer nur ein Metaverse, nicht mehrere Metaversen geben können – wenn, dann mehrere Metagalaxien, welche mehrere virtuellen Welten in sich bündeln.

"Interoperable Network"

Interoperabilität bedeutet, dass verschiedene (Computer-)Systeme Informationen untereinander teilen und nutzen können. Dies setzt eine Standardisierung in der Datenverarbeitung voraus - ohne die gängige Programmiersprache HTML, das Format MP3 für Audio oder das Format PNG für Bilder würde das Internet wohl kaum interoperabel sein. Noch gibt es allerdings kein einheitliches Standardformat für beispielsweise 3D-Objekte. Dies wird für das Metaverse aber extrem entscheidend sein.

"Real-Time Rendered"

Als Rendern bezeichnet man die Verarbeitung und Erzeugung eines digitalen Objekts durch ein Computerprogramm. Schon jetzt nimmt das Rendering eine enorme Rechenleistung in Anspruch – auch hochwertige Computer können heutzutage immer noch Tage brauchen, um ein detailliertes 3D-Objekt zu verarbeiten. Beim Metaverse hingegen, in dem der User zu jeder Zeit mit allen Objekten die Möglichkeit zur Interaktion haben soll, muss Rendering in real-time, also live in Echtzeit und ohne Verzögerung möglich werden.

"3D"

Die Dreidimensionalität ist für Ball der entscheidende Unterschied zum heutigen Internet, in dem virtuelle Welten in 2D die Norm sind. Diese essenzielle Abgrenzung zum Web 2.0 stellt allerdings eine enorm anspruchsvolle technische Herausforderung dar.

"Virtual Worlds"

Virtuelle Welten sind computergenerierte Simulationen einer Umgebung. Dabei gibt es Unterscheidungen: erstens komplett fiktionale Welten, zweitens Hybrid-Welten, welche auf der Realität aufbauen, und drittens die sogenannten „digital twins“, also die realistischen Abbildungen und detailgetreuen Nachbauten der realen Welt. Zum jetzigen Zeitpunkt sind virtuelle Welten vor allem in der Videospielindustrie zu Hause, doch das ist nicht ihr einziger Use Case: digital twins werden beispielsweise schon jetzt von großen Organisationen zu Trainingszwecken genutzt.

"Synchronous"

Das Metaverse muss synchron sein. Jeder User soll zu der gleichen Zeit das gleiche durch das Metaverse wahrnehmen und erleben. Für diese Simultanität ist vor allem eine gute Internetverbindung vonnöten. Jeder kennt mittlerweile die Probleme von Zoom-Calls – das sogenannte Lagging, also die Verzögerung, führt dazu, dass man nicht mehr mitkommt, und somit zumindest für einen kurzen Moment nicht mehr richtig partizipieren kann. Laut Ball ist die Sicherstellung von einwandfreier Synchronität deshalb essenziell für die Realisierung des Metaverse. Dieses Unterfangen erfordert allerdings enorme Rechenleistung.

"Persistence"

Anders als bei Videospielen, deren Inhalte oft resettet werden, muss das Metaverse anhaltend und beständig sein. Das bedeutet, dass Änderungen an und Interaktionen mit der Welt bestehen bleiben, ähnlich wie in der echten Welt. Allerdings ist ein entscheidender Unterschied zur Realität die digitale Speicherung von Daten – es muss viel Speicherplatz zur Verfügung stehen, damit User im Metaverse all ihre Handlungen zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehen und „auf Papier“ hinterlegen können.

"Unlimited Users and Individual Presence"

Momentan sind die Grenzen der sogenannten CCUs (concurrent users), also der gleichzeitigen Nutzer, in vielen Videospielen schon bei knapp 150 Spielern erreicht. Das Metaverse muss es aber schaffen, ohne Limit zu funktionieren – und jedem die Möglichkeit geben, am gleichen Ort zur gleichen Zeit das Gleiche machen zu können.

"Continuity of Data"

Alle Daten, die ein User in einer virtuellen Welt des Metaverse sammelt, müssen kontinuierlich auf andere Welten übertragbar sein. Ähnlich wie ein Reisepass oder eine soziale Identifikationsnummer muss der User sowie die Validität seiner Besitztümer überall prüfbar sein, damit er flexibel im Metaverse agieren kann.

Balls Definition ist lang und nicht gerade unkompliziert. Sie fasst allerdings viele Punkte zusammen, die für die Verwirklichung des Metaversums langfristig notwendig sind. Diese zeigen wiederum auf, wie viel technische Entwicklung und Optimierung noch stattfinden werden, bis sich das Über-Universum den Weg in unseren Alltag bahnt.

Was ist das Metaverse nicht?

Foto aus dem Film "Ready Player One". Quelle: Warner Bros.
Foto aus dem Film "Ready Player One". Quelle: Warner Bros.

Aufgrund der Zukunftsdarstellungen zahlreicher Science-Fiction-Bücher und Filme nehmen viele Menschen an, dass das Metaverse nur eine sehr immersive Videospielwelt für Unterhaltung darstellt. Ball stellt allerdings klar: „Don’t think of it as Ready Player One" (Quelle: Realignment Podcast).

Concept Art für den Film. Künstler: Stephan Martiniere. Quelle: Muddycolors.com
Concept Art für den Film. Künstler: Stephan Martiniere. Quelle: Muddycolors.com

Dem Autor zufolge muss man das Metaversum als eine parallele Existenz sehen, die unser Leben revolutioniert, wie es auch einst das Internet tat. Aber: das Metaverse sei kein Ersatz, sondern nur eine Ergänzung für die reale Welt.

2. Wie funktioniert das Metaverse?

Wie schon angedeutet erfordert das Metaverse eine Reihe technischer Voraussetzungen, die zum heutigen Zeitpunkt noch undenkbar sind. Es braucht eine sehr große Bandbreite von Datenübertragung, muss ohne Latenz, also ohne Verzögerung stattfinden, und bedarf immenser Rechenleistung von Servern, um ein allumfassendes virtuelles Universum auf die Beine zu stellen.

Der Vorreiter, die Gaming-Industrie, zeigt wie es geht: in sogenannten Game Engines, also Programmen zur Entwicklung von Videospielen, können umfangreiche virtuelle Welten erstellt werden. Diese Technologie werden laut Ball in der Zukunft auch Unternehmen, Vereine, Schulen, Städte etc. für sich nutzen, um eigene virtuelle Welten anzufertigen.

Die verschiedenen virtuellen Welten des Metaverse können dann durch jeden User betreten werden. Wie das genau funktioniert, und mit welchen technischen Geräten das im Detail stattfinden wird, ist allerdings noch unklar.

3. Wie komme ich ins Metaverse?

Es ist denkbar, dass man sich für das Metaverse auf einem Gerät einloggen muss, wie man es heutzutage beispielsweise für eine App tut. Die visuelle 3D-Darstellung des Metaverse, die der User wahrnehmen kann, wird durch bestimmte Software und die passende Hardware möglich gemacht.

4. Was brauche ich für das Metaverse?

Viele sehen das VR-Headset als Eintrittskarte für das Metaverse, was ebenfalls durch Darstellungen in Science-Fiction-Filmen suggeriert wird. Für Ball ist allerdings klar: Auch wenn VR-Brillen bzw. VR-Headsets wahrscheinlich die beste Art sein werden, das Metaverse zu erleben, werden sie keine Voraussetzung sein.

Die heutigen Probleme des klobigen VR-Headsets seien die tiefe Auflösung des Bildes, die Akkulaufzeit, das Gewicht, sowie letzten Endes auch der Preis. Damit das Produkt massentauglich wird, muss die Integrierung eines Supercomputers auf kleinstem Raum und mit niedrigstem Gewicht möglich werden.

Eine von vielen: die Oculus Quest 2
Eine von vielen: die Oculus Quest 2

Zwar zweifelt Ball auch an der Notwendigkeit eines Bildschirms an sich, ist aber dennoch davon überzeugt, dass gerade zu den Anfängen des Metaverse das Smartphone mit hoher Wahrscheinlichkeit das Hauptgerät bleiben wird.

Ball unterscheidet die benötigte Hardware daher in drei Kategorien: das primäre Gerät (das Smartphone), die unterstützenden Geräte (Konsolen und VR-Headsets), und die tertiären Geräte (optionale Accessoires und Wearables wie z.B. Smartwatches).

5. Was ist das Ziel vom Metaverse?

Das Ziel beziehungsweise die Vision vom Metaverse ist die Erschaffung einer umfassenden, immersiven digitalen Welt. In dieser soll es möglich sein, im dreidimensionalen Raum mit verschiedenen Personen in unterschiedlichster Weise zu agieren. Beispiele für die Anwendung des Metaverse sind unter anderem das Konsumieren von Unterhaltungsmedien, die Bereitstellung von Bildung und Training, und der Kauf digitaler Besitztümer.

6. Wann kommt das Metaverse?

Für manche hat die Ära des Metaverse schon jetzt begonnen, andere sehen sie in ein paar Jahren, wieder andere am Ende dieses Jahrzehnts, und ebenso viele erst nach mehreren Jahrzehnten. Letztendlich kann niemand mit Sicherheit sagen, wann das Metaverse wirklich da sein wird.

Auch wird es schwierig sein, im Nachhinein einen genauen Zeitpunkt als Beginn der Metaverse-Ära zu benennen. Denn genauso wie die Entwicklung jeglicher technischen Innovation kann dies nicht über Nacht passieren. Der Auf- und Ausbau des Metaverse wird ein langer Prozess des Herantastens sein, der letztlich aus vielen verschiedenen Feedback Loops bestehen wird. Denn: gesellschaftliche Veränderungen und technische Innovation bedingen sich gegenseitig.

Allerdings kann man sagen, dass sich zumindest jetzt schon etwas tut. Durch die Corona-Pandemie haben viele Menschen ein Leben im vorrangig digitalen Raum kennengelernt und wurden für dieses sensibilisiert. Große Firmen wie Facebook, Tencent oder Microsoft orientieren sich öffentlich hin zu einem virtuellen Über-Universum, und die Technologien und Geräte der Neuzeit verbessern sich stetig.

Dass es ein Metaverse geben wird scheint daher außer Frage zu stehen – die eigentliche Frage ist nur wann. Wir sagen: in der Zukunft.

7. Hat Metaverse Zukunft?

Einige vermuten, dass durch den frühen Hype um das Metaverse und die unglaublichen Versprechen großer Tech-Konzerne eine Erwartungshaltung entsteht, die das Metaverse gerade in ihren frühen Stadien nicht erfüllen kann. Ebenso haben viele Menschen durch die Corona-Pandemie wieder den Stellenwert persönlicher Interaktion erkannt und wollen aktuell mehr Zeit im „echten Leben“ verbringen. Doch wie Matthew Ball schreibt, das Metaverse sei kein Versuch, etwas zu ersetzen, sondern das Leben zu erweitern, so sieht die Zukunft aus heutiger Perspektive tatsächlich hybrid aus.

Ob das Metaverse wirklich die Zukunft ist und wie sich Unternehmen jetzt schon strategisch auf dieses vorbereiten können, haben wir in weiteren Beiträgen für Sie zusammengefasst.

Fazit

Das Metaverse ist nach wie vor eine Vision. Auf viele Fragen gibt es (noch) keine eindeutige Antwort. Das Einzige, was wir jetzt schon wissen, ist, dass es irgendwann kommen wird – doch niemand vermag vorauszusehen, in welchem Maß sich unser Leben durch das Metaverse tatsächlich verändern wird. Und obwohl das „Was?“ und „Wie?“ unmöglich zu beantworten sind, zeigen die vielen milliardenschweren Investments von Tech-Giganten der vergangenen Jahre, dass es wichtig ist, sich über dieses Phänomen der Zukunft schon jetzt Gedanken zu machen.

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