Virtual Selling: Vertriebler über die Potentiale personalisierter Verkaufsräume
Die gesamte (Arbeits-)Welt ist seit dem letzten Jahr digitaler geworden und auch vor dem Vertrieb macht diese Entwicklung keinen Halt. Virtual und Remote Selling haben sich hier etabliert und Außentermine sind deutlich seltener geworden. Doch wie kann man KundInnen bei den zahlreichen Webmeetings noch begeistern? Unter anderem sind wir dieser Frage in einem Virtual-Selling-Report nachgegangen. Dabei haben wir fünfzig von unseren KundInnen ganz konkret nach ihren Wünschen gefragt und unseren Virtual-Selling-Ansatz an ihren Bedürfnissen ausgerichtet. Wie das Virtual Selling bei enra eingesetzt wird und welche Potentiale darin stecken, berichten Ihnen heute zwei Vertriebler aus erster Hand.
Arne Farwick, CEO der enra GmbH, und sein Kollege Friedrich Prill, Account Manager, berichten von ihren Erfahrungen mit dem Thema Virtual Selling und personalisierten Verkaufsräumen.
Eine Virtual-Sales-Definition aus eigener Erfahrung
Wir wollen heute über Virtual Sales oder auch Remote Sales sprechen. Doch auch wenn es in vielen Unternehmen derzeit bereits Praxis ist, sind diese Begriffe vielleicht nicht jedem bekannt. Kann einer von euch das kurz definieren?
Arne: Virtual Sales ist immer da, wo Vertriebsaktivitäten nicht an einem Ort stattfinden. Also nicht Face to Face, sondern über einen semi-persönlichen Kommunikationskanal, wie zum Beispiel ein Videomeeting oder ein Treffen auf einer digitalen Messe. Der Vertrieb ist somit ortsunabhängig.
Für uns bei enra hat sich das Ganze so abgezeichnet, dass wir ja alle im letzten Jahr festgestellt haben, dass sich der Vertrieb stark verändert. Wir fahren nicht mehr für jede Kleinigkeit irgendwo hin. Wir waren gezwungen, oder vielmehr eine ganze Industrie war gezwungen, sich digital zu präsentieren. Und was wird dabei unterschätzt? Die Qualität des Contents, der auf digitalen Veranstaltungen präsentiert wird. Das Ziel ist es, den Wert des Contents auf der Plattform zu steigern, und die Wiederverwendung sicherzustellen, sodass man den Content nicht nur für einen Zweck produziert, sondern eben 7, 8, 9, … Ausspielungspunkte hat. Und gerade im Kontext von digitalen Events liegt die Wiederverwertbarkeit ganz klar in der Nachbearbeitung, die letztendlich im Vertriebsprozess geschieht. Das Ziel ist es also, einen digitalen Verkaufsraum einzurichten, statt eine standardisierte PowerPoint zu nutzen. Dass man die Art und Weise der Präsentation überdenkt und sie in einem neuen, geileren Gewand umsetzt, sodass es ein Erlebnis für die Kunden ist, und eben auch etwas Neues, das sie vielleicht noch nicht kennen. Wir bei uns, nennen genau das eben Virtual Sales.
"2019 bin ich noch so 60.000 Kilometer gefahren und 2020 dann nur noch 15.000 km. Da habe ich mich am Ende des Jahres natürlich gefragt: War ich jetzt schlechter für meinen Kunden da? Und musste feststellen: ganz im Gegenteil."
Ihr seid ja selbst im Vertrieb tätig. Wie erlebt ihr das Thema in eurem derzeitigen Arbeitsalltag?
Arne: Es ist natürlich so, dass wir auch 2019 schon Online-Präsentationen gemacht haben. Da wir ein ortsunabhängiges Produkt anbieten und auch aus dem lokalen Bezug rausgegangen sind, war es nicht mehr praktikabel, für längere Strecken in den Außendienst zu fahren. Zu Beginn der Pandemie haben wir eigentlich nichts anders gemacht als sonst: Wir haben weiter Videomeetings abgehalten. Trotzdem war der Vertriebsprozess noch sehr analog. Nach dem Videomeeting gab es eine E-Mail mit der Gesprächszusammenfassung, es wurde telefoniert und so weiter. Das haben wir nun entsprechend weitergetrieben. Wir nutzen mehr Use-Cases zur Orientierung und zeigen diese am Bildschirm, um einen spannenden Gesprächseinstieg für den Partner zu bieten. Und das ganze natürlich ohne Reisezeit. 2019 bin ich noch so 60.000 Kilometer gefahren und 2020 dann nur noch 15.000 km. Da habe ich mich am Ende des Jahres natürlich gefragt: War ich jetzt schlechter für meinen Kunden da? Und musste feststellen: ganz im Gegenteil. Ich konnte viel besser für sie da sein. Ich hatte viel mehr Zeit. Dieser Faktor Reisezeit und Stau war einfach weg und somit war ich auch deutlich entspannter. Man ist aus diesem Hamsterrad ausgestiegen und dachte: Mensch, ist das, was ich sonst gemacht habe, eigentlich so sinnvoll? Kann ich das nicht optimieren? Man überlegt dann auch: Wie kann ich auf die Interessen von Besuchern oder potenziellen Kunden reagieren? Wie können wir zielgerichtete Informationen nach einem Gespräch personalisiert zur Verfügung stellen? Am Ende des Tages wollen wir schließlich eine hohe Wertschätzung erzielen, denn der Kunde nimmt sich Zeit für uns. Das darf man nicht unterschätzen, auch wenn es nur 5 Minuten sind. Das müssen wir honorieren und wertschätzen - und das mit hochwertigem Content.
"Virtual Selling ist für alle weniger Aufwand, sodass man schneller ins Gespräch kommt. Keiner muss aufräumen, Kaffee kochen oder quer durchs Land fahren."
Friedrich: Ich habe es so empfunden, dass die Zeit jetzt schnelllebiger geworden ist. Dass die Absprachen und ersten Kontakte in der digitalen Welt sehr gut umzusetzen sind. Und das wir viel Zeit sparen, die Umwelt schonen und Kosten reduzieren. Auf der anderen Seite habe ich aber festgestellt, dass auch das Nachfassen und die Automatisierungsprozesse noch wichtiger geworden sind. Ein Webmeeting ist nicht so greifbar, wie wenn man weiß, dass da jetzt gleich jemand aus Köln, Paderborn oder sonst wo herkommt, und wir müssen den Besprechungsraum vorbereiten. Virtual Selling ist mit weniger Aufwand verbunden und dadurch ist es schwieriger, daran zu denken. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Erinnerung sehr wertvoll sein kann. Beim Virtual Selling sind die Gespräche schneller und man kann auch digital Vertrauen aufbauen. Wenn es dann relevant für jemanden ist, kommt es eh meist zu einem persönlichen Treffen. So lassen sich viele Prozesse abkürzen. Und was natürlich auch wichtig ist: die Hürde, sich einen Termin in den Kalender einzutragen, ist kleiner. Da kann man schneller sagen: Ja, wir quatschen mal 20-30 Minuten und sehen dann, passt es oder passt es nicht. Das ist für alle weniger Aufwand, sodass man schneller ins Gespräch kommt. Keiner muss aufräumen, Kaffee kochen (lacht) oder quer durchs Land fahren.
Die Potentiale digitaler Verkaufsräume
Teil des Virtual Sellings kann ja auch ein personalisierter Verkaufsraum sein. Für Personen, die damit bisher keinen Kontakt hatten, klingt das zunächst vielleicht sehr abstrakt. Arne, kannst du unseren LeserInnen digitale Verkaufsräume einmal erklären?
Arne: Da kann man eigentlich eine gute Analogie zum klassischen Besprechungszimmer ziehen. Wir überlegen uns jetzt einfach mal, es kommt ein Kunde und ich richte das Besprechungszimmer individuell für ihn ein. Ich mache sein Logo an die Wand, lasse seinen Film auf dem Fernseher laufen und stelle noch ein Roll-Up auf. In diesem Raum zeige ich ihm die Informationen, gehe mit ihm alles durch und danach bleibt dieser Besprechungsraum für den Kunden geöffnet. Das ist natürlich analog etwas sperrig, digital aber total einfach umsetzbar. In der Gesprächsvorbereitung sammelt der Vertriebler die relevanten Informationen – Friedrich nennt das immer Bedarfsanalyse (beide lachen), sucht sich dann den entsprechenden Content aus einem Contentpool zusammen und konzentriert das in einem digitalen Verkaufsraum. Der Link wird dem Kunden dann zur Verfügung gestellt und man trifft sich in diesem digitalen Raum. Als Verkäufer zeigt man den Interessenten dort die entsprechenden Produkte, Dienstleistungen und so weiter. Der niedrigen Aufmerksamkeitsspanne in Webmeetings, da gab es auch mal den Begriff "Zoom fatique", wirken wir entgegen, da wir Inhalte präsentieren, die begeistern und die neu sind. Das qualifiziert letztendlich den digitalen Verkaufsraum: eine digitale Oberfläche, die personalisiert abgestimmt ist auf einen Kunden.
Soweit zur Theorie, doch wie setzt ihr personalisierte digitale Verkaufsräume selbst ein?
Friedrich: Ich konnte bis jetzt noch keinen personalisierten Verkaufsraum einsetzen, da sich das Feature noch im letzten Schritt der Testphase befindet. Derzeit setze ich auf personalisierte Präsentationen, auf Basis des vorherigen Gesprächs. Generell bin ich ein großer Freund von personalisierten Verkaufsgesprächen, da die Wertschätzung einfach extrem wichtig ist. Wir Menschen wollen nicht so eine standardisierte E-Mail bekommen, am besten noch mit “Sehr geehrte/r Herr/Frau” als Ansprache. Wir wollen direkt angesprochen werden, am besten mit einem Anknüpfungspunkt aus einem vorhergehenden Gespräch. Das kann auch etwas Privates sein, das spielt ja überhaupt keine Rolle, aber dann fühlt man sich Zuhause.
Arne: Ich setze die personalisierten Räume bis jetzt rudimentär ein. Das ganze Projekt basiert ja auf Erfahrungen und der Frage: Was funktioniert am Markt? Aus den ersten Gehversuchen im Virtual Selling ist ein Contentpool entstanden. Und mit dem Release der neuen enra-Version werden wir klassische Präsentationen komplett eliminieren. Alles kommt in den Contentpool, auf den jeder Vertriebler zugreifen kann, um den personalisierten digitalen Verkaufsraum aufzubauen. Der große Vorteil dabei ist: Wir brauchen uns nicht mehr darum kümmern, ob die aktuellste Version eines Dokumentes bereitgestellt ist. Wir kennen es alle: Man lädt sich ein Dokument herunter, es ist lokal gespeichert und sobald es eine neue Version gibt, verschickt man doch das Alte. Bei Printmedien ist es ja noch gravierender. Das gibt es dann nicht mehr, denn es wird zentral gespeichert und man kann immer auf den Contentpool zugreifen, mit dem jeder seine eigenen digitalen Verkaufsräume baut. Und das Feedback bisher war durchweg positiv. Es ist was Neues, es ist frisch, einfach etwas anderes. Digitale Verkaufsräume sind ein Thema, das sich definitiv entwickelt, und in dem viel Potential steckt.
Kritiker könnten sagen: “Ein klassisches Webmeeting und die Informationen dann per Mail zu senden hat doch in der letzten Zeit auch funktioniert. Wieso sollten wir auf virtuelle Räume setzen?” Was würdet ihr den Kritikern antworten?
Arne: Ganz einfach! Der Besucher hat mehr verdient! Früher hat es gereicht, wenn du von Unternehmen zu Unternehmen gefahren bist und deinen zerfledderten Katalog dagelassen hast. Dann kam das PDF, das man verschickt hat. Aber Vertrieb entwickelt sich nun mal am Interessenten, am Kontakt, am Kunden. Jeder hat da einen anderen Begriff für. Bei uns ist es die radikale Kundenfokussierung. Alles, was man macht, ist ausgerichtet auf den Kunden und muss immer so wirken als hättest du dir für ihn jetzt gerade ein Bein ausgerissen. Dann kann ich ihn zufrieden und vor allem erfolgreich machen. Genau deshalb müssen wir diesem klassischen Standard-Verkaufsprozess einfach überdenken. Es ist doch viel spannender, Informationen auf eine neue Art und Weise zu entdecken. Eine wirkliche Experience für den Kunden zu schaffen, ein kleines Abenteuer zu starten. Das ist ein ganz anderes Level, ein ganz anderes Niveau.
Friedrich: Was ich Kritikern sagen würde, ist, dass man früher – als das Auto erfunden wurde – auch gedacht hat “Ich kann doch auch mit meinem Pferd und der Kutsche von A nach B kommen und komme so auch zurecht”. Das ist doch ein guter Vergleich (lacht). Und deswegen denke ich, man muss mit dem Fortschritt gehen und an die Zukunft denken. Die Kritiker werden relativ schnell merken, dass dieser Weg bequemer und schneller ist und auch die Produktivität erhöht. Die werden sich schon noch überzeugen.
Eine Zukunftsprognose des Virtual Sellings
Derzeit blühen die persönlichen Kontakte wieder auf und Hand aufs Herz, man freut sich doch auch mal wieder aus dem Büro oder Homeoffice rauszukommen. Geht ihr davon aus, dass auch bei weiteren Lockerungen der digitale Vertrieb von so hoher Bedeutung sein wird?
Arne: Es ist eine Bewertungsfrage. Wir müssen schauen, was ist das für ein Gespräch, das hier geführt wird? Natürlich werden wir nicht darum herumkommen, uns persönlich zu begegnen. Es ist enorm wichtig, dass man sich sieht, in die Augenschaut und sagt: Ja in diese Richtung wollen wir gemeinsam gehen. Vertrieb ist am Ende des Tages eine höchstpersönliche Sache. Menschen kaufen von Menschen, das ist einfach so. Ich habe aber tatsächlich auch ein bisschen recherchiert. Das Consulting-Buch sagt 60 % weniger Dienstreisen, die die Unternehmen ankündigen, voraus. Die Lufthansa geht von einem langfristigen Rückgang von 35 % der Dienstreisen per Flugzeug aus. Das heißt aber nicht, dass wir weniger miteinander sprechen, sondern dass wir den Vertrieb effizienter gestalten. Ich bin ja sowieso der Auffassung, der Vertrieb ist der geilste Job der Welt. Den macht das Virtual Selling noch attraktiver. Warum? Weil die Fahrt nicht mehr zum Flughafen, sondern ins Büro geht, in den virtuellen Verkaufsraum. Doch was heißt das im Umkehrschluss? Ich habe mehr Zeit für die Familie. Ich schaffe mehr in der gleichen Zeit. Die Produktivität steigt und das ist natürlich unglaublich spannend. Das Internet wird immer weiter demokratisiert und Technologien werden für jeden nutzbar. Es ist für jeden Mensch ein riesiger Vorteil, sich zu vernetzen. Man kann diese Zeit mit persönlichen Erlebnissen im digitalen Raum verknüpfen. Diese Mischung wird es am Ende des Tages machen. Aber eine sinnvolle Verknüpfung. Alles durch zu digitalisieren ist auch Quatsch, man muss es sinnvoll machen.
Friedrich: Dem habe ich jetzt nicht mehr viel hinzuzufügen. (Beide lachen) Zumindest aus Vertriebssicht. Woran ich denke ist, dass Unternehmen zusätzliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Dass sie vielleicht den ein oder anderen Vertriebler auch am anderen Ende von Deutschland für sich gewinnen und über diesen digitalen Weg managen können. Der kann wiederum vor Ort hybrid Menschen begeistern. Also sowohl Vertriebsseitig als auch als Multiplikator gibt es dort einen großen Mehrwert. Ich bin schon sehr gespannt, wie wir Virtual Selling in Zukunft nutzen können.
Wenn wir Ihre Neugier wecken konnten und Sie mehr zum Thema Virtual Selling erfahren wollen, zögern Sie nicht auf uns zuzukommen. Unser Vertriebsteam freut sich auf Sie.